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Presseschau: Das neue Kulturgütergesetz tritt per 1. Juni 2005 in Kraft

Für Transparenz und Fairplay
Mit dem neuen Kulturgütertransfergesetz erhält die Schweiz ein Instrument, um Kunstraub und illegaler Einfuhr vorzubeugen

von Franz-Josef Sladeczek*

Der Kunstmarkt in der Schweiz blüht – und damit auch der illegale Handel. Voraussichtlich auf den 1. Juni 2005 tritt nun erstmals in der Schweiz ein Gesetz in Kraft, das den Umgang mit der Ein- und Ausfuhr von Kulturgut verbindlich regelt. Mehr Seriosität, aber auch mehr bürokratischer Aufwand sind die Folgen.

Über die Entwicklung des internationalen Kunstmarkts in den letzten Jahren liegen zunehmend verlässlichere Daten vor, aus denen sich auch für den Kunsthandel in der Schweiz genaue Zahlen gewinnen lassen. Laut der letzten Studie der TEFAF (The European Fine Art Foundation) bezifferte sich das Handelsvolumen mit Kunstgegenständen für das Jahr 2001 weltweit auf total 26,7 Milliarden Euro, also etwa 40 Milliarden Franken. Davon betrug allein der Umsatz in der Schweiz rund 1 Milliarde Franken. International rangiert die Schweiz damit auf Platz fünf – nach den USA, Grossbritannien, Frankreich und Deutschland.

Obwohl die Schweiz umsatzmässig «nur» an fünfter Position steht, wird sie vom internationalen Handel als Warenumschlagplatz sehr geschätzt. So wurden beispielsweise 2001 sechsmal mehr Kunstgegenstände aus den USA in die Schweiz exportiert, als es umgekehrt der Fall war. Im gleichen Jahr gelangten 26% der aus EU-Ländern ausgeführten Gemälde in die Schweiz, aus Deutschland waren es sogar 56%. Für den nördlichen Nachbarn ist der Kunstplatz Schweiz mittlerweile sogar zum wichtigsten Umschlagplatz geworden.


Die Schweiz: Diskret und stabil
Die Beliebtheit der Schweiz als Drehscheibe für den internationalen Kunsthandel gründet auf einer Anzahl von Faktoren. So stehen hinter den Entwicklungen des Kunsthandels- und des Finanzplatzes Schweiz eigentlich die gleichen eidgenössischen «Nationaltugenden». Darunter fallen die Seriosität, die ausserordentliche Stabilität der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse sowie die Weltoffenheit und Aussenhandelsorientierung. Hinzu kommt eine vorteilhafte Steuergesetzgebung mit tiefen Steuern und die Wahrung absoluter Anonymität.
Eine sehr liberale Gesetzgebung, bei der der Anspruch auf gestohlene Güter nach nur fünf Jahren erlischt und die Institution der Zollfreilager, in denen die Kunstwerke hin und her geschoben werden können, ohne dass Zollgebühren anfallen, bilden weitere äusserst stabile Faktoren für den Kunsthandel in der Schweiz. In den Zollfreilagern von Basel, Bellinzona, Genf und Zürich – allein dasjenige in Genf verfügt über eine Lagerkapazität von 150 000 Quadratmetern – sind zum Zwecke des An- und Verkaufs unzählige Kunstgegenstände eingelagert. Nicht immer nur, wie sich mehrfach herausgestellt hat, aus lauteren Motiven. Im Herbst 1995 konfiszierte die Polizei in Genf über 3000 antike Objekte im Wert von mehr als 20 Millionen Franken, die dem italienischen Kunsthändler Giacomo Medici gehörten. Aufsehen erregte auch Gianfranco Becchina, der in Basel eine Galerie betrieb. Aufgrund eines Rechtshilfegesuchs Italiens beschlagnahmten die Basler Behörden 2001 bei ihm 6000 archäologische Objekte, die als Raubgut verdächtigt waren. Weitere ähnliche Fälle haben den Kunsthandelsplatz Schweiz international arg in Misskredit gebracht.
In der Öffentlichkeit entstand der Eindruck, der Handel mit Kunstgütern sei zusehends korrupter geworden und rangiere in der Skala dubioser Geschäfte gleich hinter dem Drogenhandel. Die Schweiz geriet in den Ruf, ein Mekka des Handels mit Raubkunst geworden zu sein – ein Menetekel, dem jetzt mittels einer neuen Gesetzgebung begegnet werden soll: Voraussichtlich am 1. Juni 2005 tritt das neue Bundesgesetz über den internationalen Kulturgütertransfer (KGTG) in Kraft, mit dem erstmals spezifisch bundesrechtliche Bestimmungen zum internationalen Kulturgütertransfer erlassen werden.

Kulturelles Erbe erhalten
Das Bundesgesetz über den internationalen Kulturgütertransfer regelt die «Einfuhr von Kulturgut in die Schweiz, seine Durch- und Ausfuhr sowie seine Rückführung aus der Schweiz» (Art. 1 KGTG). Mit diesem Gesetz will der Bund einen Beitrag zur Erhaltung des kulturellen Erbes der Menschheit leisten und Diebstahl, Plünderung und illegale Ein- und Ausfuhr von Kulturgut verhindern. Es basiert auf der Unesco-Konvention vom 14. 11. 1970 zum «Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut», die bis heute von insgesamt 104 Staaten ratifiziert wurde.
Der Begriff «Kulturgut» ist dabei sehr weit gefasst. Das KGTG verweist hier ausdrücklich auf die Begriffsbestimmung der Unesco-Konvention, wonach als Kulturgut gilt: ein aus religiösen oder weltlichen Gründen der Archäologie, Vorgeschichte, Geschichte, Literatur, Kunst oder Wissenschaft bedeutungsvolles Gut. Hierunter fallen z. B. zoologische Sammlungen, archäologische und ethnologische Güter sowie künstlerisches Gut, alte Musikinstrumente und Antiquitäten, also Gegenstände, die älter als 100 Jahre sind. De facto betrifft das Gesetz also den Handel mit sämtlichen Kulturgütern, sofern ihre nationale Bedeutung nachgewiesen werden kann.

Verschärfte Sorgfaltspflicht
Das KGTG setzt die Mindeststandards der Unesco-Konvention 1970 in nationales Recht um und ist mehrheitlich öffentliches Recht. Hingegen enthält die am 24. Juni 1995 in Rom verabschiedete Unidroit-Konvention (so genannt nach dem Internationalen Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts) ausschliesslich privatrechtliche Normen. Dieser direkt anwendbare multilaterale Staatsvertrag, der bisher in 24 Staaten in Kraft ist, regelt die Rückgabe gestohlener sowie die Rückführung von unrechtmässig aus dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats verbrachter Kulturgüter, die sich nun in einem anderen Vertragsstaat befinden. Die Unidroit-Konvention führt eindeutig zu einer Verschärfung im Handel mit Kulturgut, denn sie fordert die Rückgabepflicht für alle gestohlenen oder illegal ausgegrabenen Kulturobjekte. Mittlerweile wurde die Unidroit-Konvention von 22 Staaten ratifiziert, die meisten von ihnen aus Lateinamerika und Osteuropa; aber auch drei westeuropäische Staaten, nämlich Italien, Portugal und Spanien, haben sich ihr inzwischen angeschlossen. Auch die Schweiz, die an der Ausarbeitung der Konvention intensiv mitgewirkt hat, hat sie bereits unterzeichnet (26. Juni 1996). Jedoch wurde sie bis heute nicht ratifiziert, das heisst in Kraft gesetzt. Entscheidend hierfür war wohl auch die Tatsache, dass Unidroit direkt, d. h. ohne Umwandlung in nationales Recht, anwendbar ist.

30 Jahre Verjährungsfrist
Galt nach bislang gültiger Rechtsprechung in der Schweiz eine Verjährungsfrist von 5 Jahren, innerhalb derer ein unrechtmässig erworbenes oder illegal verschobenes Kunstgut zurückgeholt werden konnte, so sieht das KGTG hierfür nun neu eine Frist von 30 Jahren vor. Dies nimmt Händler wie Sammler nach dem 1. Juni 2005 in eine erhöhte Sorgfaltspflicht: Denn Belege für den Erwerb von Kulturgütern müssen künftig drei Jahrzehnte lang aufbewahrt werden. Ebenso wird es möglich sein, innerhalb dieser Frist ein erworbenes Kunstwerk zurückzugeben, sollte sich dessen Herkunft als unrechtmässig erweisen. Dies sind Hürden im Geschäftsgebaren, die zwar für mehr Transparenz sorgen, gleichzeitig aber auch den bürokratischen Aufwand enorm erhöhen werden, da von nun an quasi über jeden Kunsterwerb ein entsprechender «Artikelpass» erstellt werden muss, aus dem die Provenienz, der Zeitpunkt des Erwerbs sowie der Kaufpreis eindeutig ersichtlich ist. Ist dies für jedes Objekt überhaupt sinnvoll? Eine weitere Bestimmung im KGTG sieht vor, dass die neu errichtete Fachstelle im Bundesamt für Kultur de iure ermächtigt werden soll, Lager, Geschäfts- und auch Privaträume von im Kunsthandel tätigen Personen aufzusuchen und die Einhaltung der Sorgfaltspflichten zu kontrollieren. Diese und weitere Bestimmungen haben im Vorfeld für massiven Protest bei Händler-, Sammler- und Museumsverbänden gesorgt. Von «einem Gesetz im Dienste des Polizeistaates» und von «Verstaatlichung eines Sektors der Kultur» war hier die Rede. Die Befürchtung wurde geäussert, dass «am Schluss irgendwelche Leute in der theoretischen Abgeschiedenheit einer Berner Amtsstube über das bestimmen, was noch handelbar ist und was nicht. Dann wird der Kunsthandel wirklich in die Grauzone abgedrängt.»

Protestlawine
Kaum eine Gesetzesvorlage der letzten Jahre hat eine solche Protestlawine losgetreten wie der Entwurf zum neuen KGTG. Einig ist man sich auf allen Seiten einzig darin, dass alles unternommen werden muss, um den illegalen Handel mit Kulturgütern zu unterbinden. Kein seriöser Händler, kein seriöses Auktionshaus kann es sich heute leisten, Kunstwerke dubioser Herkunft zum Verkauf anzubieten. Nur zu gerne bedient man sich mittlerweile in den Katalogen auch des Signets vom Art Loss Register (internationale Datenbank für gestohlene Kunstgegenstände), um die zweifelsfreie Herkunft der zu versteigernden Objekte entsprechend auszuweisen. Mehrere Handelshäuser haben denn auch in den letzten Wochen mittels Rundschreiben signalisiert, dass sie den Empfehlungen des Bundesamts für Kultur Folge leisten und im Sinne des neuen KGTG Inventarisierungen von bestehenden Kunstsammlungen anbieten. Hat hier ein generelles Umdenken stattgefunden oder sucht man sich mittlerweile einfach nur zu arrangieren, weil es sicher ist, dass die Gesetzesvorlage im Juni ohnehin unterzeichnet werden wird?

Kooperation gefragt
Kein Zweifel: Die Sensibilität im Kunsthandel hat heute zugenommen. Wozu also, könnte man abschliessend fragen, braucht es für die Schweiz überhaupt die Verankerung eines neuen Gesetzes, dessen Kernaussage, nämlich die Sorgfaltspflicht, bereits in jenem «Ethikcode» ausführlich behandelt ist, den sich der Verband Schweizerischer Antiquare und Kunsthändler bereits im Mai 2000 selbst gegeben hat? Wohl deshalb, weil die Schweiz durch die Ratifizierung des Kulturgütertransfergesetzes fortan zusammen mit über 100 weiteren Nationen im internationalen Kampf gegen den illegalen Handel von Kulturgütern erfolgreicher wird agieren und bestehen können als bis anhin. Die Zukunft wird weisen, ob hier wirklich eine neue Gesetzesvorlage geschaffen wurde, die den Handel mit Kulturgütern tatsächlich transparenter und fairer gestaltet, oder ob durch allzu restriktives Handling bei der Umsetzung des Gesetzes der Nährboden für den Schwarzhandel mit Kulturgütern noch mehr bereitet wird als bis anhin.

Sammlungen rechtzeitig inventarisieren
Das Kulturgütertransfergesetz (KGTG) tritt voraussichtlich auf den 1. Juni 2005 in Kraft. Da es nicht rückwirkend gültig ist, sind bis dahin gesammelte Werke davon ausgeschlossen. Um dies jedoch nachweisen zu können, empfiehlt das Bundesamt für Kultur Kunsthändlern und Kunstsammlern, vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes ein Inventar der bislang erworbenen Kulturgüter zu erstellen. Dieses soll die Objektidentifikation nach internationalem Standard gewährleisten und folgende Angaben beinhalten:
· Die wichtigsten Eckdaten des Kulturguts: Objekttyp, Epoche oder Entstehungsdatum, Künstler, Titel, Material, Masse, Beschriftung oder Signatur.
· Allfällige besondere Merkmale wie Schäden oder Restaurierungen.
· Nachweis der Herkunft des Kulturguts: Name und Adresse vorheriger Besitzer resp. Verkäufer; Nennung des Fundorts bei einem archäologischen oder paläontologischen Objekt.
· Zusammenstellung aller weiteren Dokumente wie Kaufbelege oder Gutachten.
· Fotografien aller Objekte
Hat man alle Unterlagen zusammengestellt, empfiehlt es sich, diese per Einschreiben in einer verschlossenen Postsendung an sich selbst zu schicken oder notariell beglaubigen zu lassen. Die verschlossene Sendung oder die Beglaubigung sind während 30 Jahren (Verjährungsfrist) sorgfältig aufzubewahren. (fjs)

*Franz-Josef Sladeczek ist promovierter Kunsthistoriker und leitet seit 2001 das Büro für unabhängige Kunstberatung «ARTexperts GmbH» in Bern (www.artexperts.ch)

Quelle: Der Bund, 26.2.2005

2005-02-27, Lorenz E. Baumer

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