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Aura des Unheimlichen - «Hannibal» - eine Ausstellung in Karlsruhe

«Hannibal vor den Toren!»: Der 215 v. Chr. ertönte Schreckensruf war schon in der Antike ein geflügeltes Wort. Der ehrgeizige junge General aus Karthago - ein neuer Alexander? - bedrohte Rom im eigenen Land. Der Krieg gegen die punische Grossmacht war damals seit über fünfzig Jahren im Gang und sollte erst 146 v. Chr. mit der Auslöschung der Metropole beim heutigen Tunis definitiv zu Ende gehen. Als Gegner Roms gehört Karthago zur Geschichte Europas. Was wissen wir darüber? Wie war es zu den Punischen Kriegen gekommen, was haben sie wirklich bedeutet?

Diese Frage zu beantworten, ist schwierig: Unser Wissen von der Geschichte stammt ja ausschliesslich von der einen, Roms Seite, Karthagos Version ist unbekannt. Einseitig und tendenziös ist die Überlieferungslage für die punische bzw. phönizische Kultur insgesamt. Es liegt auf der Hand, die Einseitigkeit der Schriftquellen mit der Archäologie korrigieren zu wollen: Einen ersten Versuch stellte die grosse Phönizierausstellung in Venedig dar, welche die eindrucksvolle archäologische Serie im Palazzo Grassi einleitete (NZZ 2. 4. 1988). Gegenüber Venedig, wo viel Material aus dem Libanon, der Urheimat der Phönizier, zu sehen war und wo die Ausbreitungsphase der ersten Jahrhunderte besonders interessierte, ist das Gewicht in Karlsruhe auf das 814 v. Chr. gegründete Karthago und sein Reich im Westen gelegt. Hier haben Archäologen, darunter auch deutsche, seither mancherorts weitergegraben und neues Wissen gesammelt.

Man schreitet in Karlsruhe durch die Zeit und zugleich von der syrisch-libanesischen Küste nach Zypern, Tunesien, Spanien, Sizilien, Sardinien und Malta. Wandtexte vermitteln gut lesbar die wesentlichen Informationen, in den Vitrinen sind meist kleinformatige Gegenstände des Lebens zu sehen: Keramik, griechisch aussehende Statuetten, grimassierende Tonmasken, Glasperlen, Stelen aus Stein. Zweisprachige Inschriften erinnern daran, dass eine der wichtigsten Errungenschaften der Zivilisation, die Alphabetschrift, von den Phöniziern erfunden und an Griechen, Etrusker, Römer weitergegeben wurde: Mit demselben Repertoire von nur 22 Zeichen konnte sich nun jeder, nicht nur professionelle Schreiber, in der eigenen Sprache mitteilen oder verewigen. Gern weilt man vor den Modellen: der punischen Purpurstadt Kerkouane im Nordosten Tunesiens, der legendären Admiralitätsinsel im Hafen von Karthago, eines jener phönizischen Kriegsschiffe, die Griechen und Römer vor den Küsten Siziliens das Fürchten lehrten.

Warum musste Karthago unbedingt zerstört werden, wenn es für Rom gar keine Gefahr mehr darstellte? Vielleicht nur, weil es anders war?, fragt man sich nach dem Besuch der Ausstellung. Im Jahr 264 v. Chr. als der erste Punische Krieg in Sizilien ausbrach, waren alle Länder rings um das östliche Mittelmeer, inklusive Ägypten und Mesopotamien, dazu auch ganz Italien und Rom, hellenistisch geworden: Tempel und Nutzbauten, Denkmäler und Grabmonumente, Gegenstände des privaten Alltags sahen, wenigstens auf den ersten Blick, überall ähnlich aus: griechisch. Nicht so in Karthago und seinen Tochterstädten. Hier fiel das Auge zwar ab und zu auf ein gefälliges Importstück aus Italien oder Griechenland, manchmal auch auf simple Nachahmungsversuche. Wohl aufgrund einer bildlosen Weltauffassung scheint jedes tiefere Interesse an figurativer Mitteilung zu fehlen, ästhetisches Empfinden drückt sich bestenfalls in Gefässformen und urbanistischen Konzepten aus. Die meisten Werke, exotisch und altertümlich, wie sie wirken, waren dem Geschmack und dem Verständnis der Mainstream-Kultur unzugänglich: Unberechenbar gefährlich wirkte die Welt, die sie hervorgebracht hatte. So ist um Karthago eine unheimliche Aura entstanden, in der seit der Renaissance tragische Figuren wie Dido und Flauberts Salammbô gedeihen und faszinieren. Hannibals Stadt, aus Angst vor dem Fremden vernichtet, ist durch sie unvergessen geblieben.

Cornelia Isler-Kerényi

Karlsruhe, Badisches Landesmuseum (im Schloss). Bis 30. Januar 2005. - Begleitbuch zur Ausstellung: Hannibal ad portas. Macht und Reichtum Karthagos. Theiss-Verlag, Stuttgart. 400 S., Euro 27.90 (an Ort), nach der Ausstellung Euro 39.90 (Fr. 69.40).

Quelle: NZZ 9.11.2004

2004-11-09, Lorenz E. Baumer

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