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Presseschau: Die Botschaft der Bildnisse

Zwei Ausstellungen in Rom widmen sich der antiken Porträtkunst und Kaiser Nero

Eine Ausstellung auf dem Kapitol in Rom führt auf anschauliche Weise in die Problematik antiker Porträtkunst ein. Sie wird ergänzt durch eine dem berüchtigten Kaiser Nero gewidmete Schau, die vom Forum Romanum über den Palatin bis zum Kolosseum führt.

Cornelia Isler-Kerényi

Auch antike Bildnisse sind mehr als nur Abbilder. Wohl nicht zufällig ist die Porträtforschung heute durch die eigene Erfahrung mit propagandistischem Image-Kult dafür sensibilisiert. Eine anschauliche Einführung in die Problematik bietet eine Ausstellung auf dem Kapitol, die antike Porträts höchster Qualität aus den Museen Roms mit solchen aus Europa und den USA vereinigt.

Römische Porträts haben die Künstler der Neuzeit seit der Renaissance nicht nur wegen ihrer hohen technischen und künstlerischen Qualität fasziniert und zur Nachahmung inspiriert, sondern auch, weil sie Zugang zur Physiognomie berühmter Akteure der Geschichte vermitteln. Aufgabe der Forschung war seit E. Q. Visconti (1751-1818) zunächst, anhand von Inschriften und Münzbildern die Köpfe mit Namen zu versehen. Auf die Phase der Ikonographie folgte, wie in anderen Bereichen der klassischen Archäologie, die Analyse der Werke nach Stil, Zeit und Typus, die auch dem Bestimmen der Neufunde zugutekam. Wobei allerdings manche Zuordnung bis heute kontrovers bleibt. Die Porträtforschung ist ja eine schwierige, von Ideologie nicht unbelastete Baustelle. So hat man die Bildniskunst der Griechen von jener der Römer unterscheiden wollen, in Letzterer krampfhaft nach genuinen italischen Wurzeln gesucht oder sie einseitig als Ausdruck des gesellschaftlichen und politischen Systems betrachtet.


Wozu Bildnisse?

In den letzten Jahrzehnten hat sich allmählich eine mehr lebensnahe Sicht etabliert. Man fragt heute nach der Funktion der Gattung und jedes einzelnen Porträts, danach, wie es sich ins kulturelle und gesellschaftliche Gesamtbild seiner Epoche einfügt. Deshalb achtet man mehr als früher, als es nur um die künstlerische Wertung und Einordnung ging, auf die Fundumstände.

Der erste Antrieb, Porträts in dauerhaftem Material herzustellen, war bereits in prähistorischer Zeit das Bewahren der Erinnerung an bestimmte Personen, also an ihre individuellen Gesichtszüge: So meinen wir spontan, weil in unserer modernen Sicht jeder Mensch ein einmaliges Individuum ist. Das antike Porträt zeigt hingegen, dass damals andere Kriterien im Vordergrund standen: solche, die das Selbstbild etwa als erfolgreicher Soldat und kluger Staatsmann, als Künstler und denkender Mensch, als vorbildliche Gattin vermitteln sollten. Wobei bekannte Porträts bestimmter Vorbilder - Alexanders des Grossen, des Komödiendichters Menander, des Philosophen Platon - die Formelemente, wie beispielsweise eine charakteristische Haar- oder Barttracht, die Körperstellung, den Gesichtsausdruck, bereitstellten. Diese Elemente waren dem antiken Betrachter geläufige Zeichen, die es ihm ermöglichten, dem Bildnis seine Botschaft - so der Titel einer neueren Porträtstudie - zu entlocken. Aus solchen Zeichen bestehen nicht nur Köpfe und Gesichter. Sie gelten auch für den Körper mit seinen Attributen und «Verkleidungen»: dem Panzer, der Toga, der heroischen Nacktheit. Das individuelle Aussehen einer Person war also viel weniger erinnerungswürdig als die Rolle und die Verdienste in der Öffentlichkeit, die man auf hervorragende Eigenschaften, wie Charakterstärke, Bürgersinn, Sensibilität, zurückführte.

Im besonders instruktiven ersten Teil der Ausstellung auf dem Kapitol werden die verschiedenen Traditionen illustriert, die im römischen Porträt zusammengeflossen sind: die ägyptische, die klassische griechische, die italische. Dabei sei auf zwei besonders attraktive, so noch nie gezeigte Werkgruppen hingewiesen, welche die lange vor der Kaiserzeit lebhafte Interaktion zwischen Italien und Griechenland illustrieren: jene der späthellenischen Männer- und Frauenbildnisse aus Delos, das zwischen 166 und 88 v. Chr. von Leuten aus Italien bevölkert war, und jene der eindrücklichen Köpfe aus Terrakotta und Bronze aus gleichzeitigen und früheren südetruskischen Fundorten. Man wird staunen, wie stark der berühmte, so typisch römisch anmutende kapitolinische Brutus dem Demosthenes gleicht, wie der namenlose zarte Jünglingskopf aus Cerveteri an Alexander erinnert. Damit ist angedeutet, wie vielschichtig antike Porträtkunst ist, wie spannend es sein kann, jedes einzelne Bildnis genauestens in Augenschein zu nehmen.

Durch die prächtigen Renaissancesäle des Konservatorenpalastes führt die Schau von der Zeit Cäsars und des Augustus über jene der Flavier zur ganz anders gestimmten des Trajan, Hadrian und der antoninischen Kaiser. Die grossen Leitfiguren aus der Geschichte wirken immer noch nach, doch kommt die Rolle des Vorbilds zunehmend dem Kaiser und den Frauen seiner Familie zu: Sie sind es, die das prägen, was Paul Zanker treffend Zeitgesicht genannt hat. Den Höhepunkt bilden im hellen Rundsaal des Anbaus mehrere überlebensgrosse und einige kleinformatige, um den von seinem Pferd gnädig herabgrüssenden Mark Aurel gruppierte Ganzfiguren. Abschliessend werden die im 1. und 2. Jahrhundert immer komplizierter und künstlicher werdenden Frauenfrisuren vorgeführt.

Diese Ausstellung bildet die zweite Etappe eines von Eugenio La Rocca konzipierten Zyklus mit dem Titel «I Giorni di Roma», der in fünf Jahresveranstaltungen das neue Bild des antiken Rom präsentieren will. Der Katalog wird mit seinen erhellenden Aufsätzen und der Diskussion des Forschungsstandes zu jedem Stück ein Standardwerk bleiben.


Auf den Spuren Neros

Die Bildnisse der Familie des von 54 bis 68 regierenden Nero bilden in der Curia den Auftakt zum Parcours, der - wie schon die Vespasian-Ausstellung von 2009 - an mehreren Orten zwischen Forum Romanum und Kolosseum sein Leben und Wirken illustriert. Nero war und bleibt problematisch, nicht nur, weil er bis heute verdächtigt wird, im Juli des Jahres 64 die Stadt Rom angezündet zu haben. Er hatte unbestritten Qualitäten, doch scheint bei ihm die unverhoffte Macht Grausamkeit und Grössenwahn ausgelöst zu haben. Letzteres zeigen die von ihm gewollten, unvollendet gebliebenen, nun durch Videos vergegenwärtigten Bauten der Domus Aurea und der Domus Transitoria: die auf dem Palatin ausgegrabenen Reste sind in die Schau integriert. Statt als Wohltäter Roms ist er als böser Tyrann in Erinnerung geblieben, dessen Gesicht man vergessen, dessen Spuren im Stadtbild man tilgen wollte: keine leichte Basis für eine Ausstellung, die dennoch empfehlenswert ist.

Ritratti. Le tante facce del potere. Musei Capitolini. Bis 25. September 2011. Katalog (Mondo Mostre) € 45.-.

Nerone. Foro Romano, Palatino, Colosseo. Bis 18. September 2011. Katalog (Electa) € 40.-.

Quelle: NZZ, Samstag, 28. Mai, S. 66, Literatur und Kunst

2011-05-29, Lorenz E. Baumer

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