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Presseschau: Sie buddeln wie die Maulwürfe

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"Sie buddeln wie die Maulwürfe"
Einen Teil des kulturellen Erbes im Irak - Statuen, Rollsiegel und Schmuck - haben Plünderer aus Museen und Ausgrabungsstätten fortgeschafft. Manchmal verschläft aber auch die Polizei einen Raub.

von Inga Rogg, Erbil

Nach Mitternacht kann einen Polizisten schon einmal die Müdigkeit übermannen. Wenn er sich dann ein kleines Nickerchen gönnt, fällt das meist auch niemandem weiter auf. Zumal dann nicht, wenn er zur Bewachung eines Objekts abgestellt ist, das auf so geringe öffentliche Resonanz stösst wie das Zivilisations-Museum in Erbil. Pech ist freilich nur, wenn ein schamloser Dieb die menschliche Schwäche des Wachmanns ausnutzt, in das Museum einbricht, in aller Seelenruhe einige der feinsten Exponate in einen Plasticsack stopft und unerkannt im Dunkel der Nacht verschwindet. So geschehen vor ein paar Monaten in Erbü. Gleich zwei Wachleute waren in Tiefschlaf versunken, als ein Räuber ins örtliche Museum eindrang.
In diesem Fall hatten Archäologen wie Polizisten Glück im Unglück. Der Dieb wurde vor einigen Tagen gefasst und ein Grossteil der Objekte sichergestellt, darunter bemalte Keramik und andere Alltagsgegenstände aus prähistorischer Zeit, sumerische Keilschrifttafeln und weibliche Tonfiguren aus der Zeit der assyrischen Reiche.
Zerstörtes Puzzlespiel
Selten geht der Raub an der alten Kultur des Irak freilich so glimpflich aus wie in Erbil. Nach dem Einmarsch der amerikanischen Truppen wurden aus dem Museum von Bagdad mehr als 15000 Objekte gestohlen. Bis«heute sind 3000 wieder aufgetaucht, 1600 wurden in den Nachbarländern, in Europa und den USA konfisziert. Von Nord nach Süd hat seitdem jedoch ein regelrechter Plünderungsfeldzug in den archäologischen Stätten eingesetzt, der das kulturelle Erbe des Zweistromlandes zu vernichten droht «In einigen Fällen ist die Zerstörung so gross, dass wir die historischen Puzzlesteine wohl nie wieder zusammensetzen können», sagt Kanaan Mufti, Leiter des Museums von Erbil. «Das ist nicht nur ein Vergehen an unserer Geschichte, sondern an der ganzen Menschheit.»
Sumerer, Babylonier und Assyrer brachten entlang von Euphrat und Tigris die frühesten Zivilisationen Vorderasiens hervor. Gilgamesch, der gleichnamige Held des ältesten erhaltenen .Epos der Menschheit, lebte hier wie auch der babylonische König Hammurabi, von dem der älteste vollständig überlieferte Gesetzeskodex stammt. Rund 12 000 archäologische Stätten sind im Irak registriert. Allein in Kurdistan gebe es mehr als 3100 weitere Stätten, die hoch unerforscht seien, sagt Museumsdirektor Mufti.
Statt Archäologen bevölkern derzeit aber vor allem Grabräuber die Ausgrabungsstätten. Ob die assyrische Hauptstadt Ninive bei Mossul oder das bei Nasiriya im Südirak gelegene Ur, das die Bibel als Geburtsort von Abraham bezeichnet, überall bietet sich den Forschern das gleiche Bild - als wären es Äcker, graben Plünderer die Anlagen auf der Suche nach wertvollen Objekten um. Viele Orte sähen mittlerweile wie Mondlandschaften aus, heisst es in einem britischen Bericht.
Kulturraub ist im Irak nicht neu, einige Familien verdienen sich damit seit Generationen ein Zubrot, und die Korruption unter dem Saddam-Regime hat auch in den Museen ihren Tribut gefordert. Die weitgehende Rechtlosigkeit seit dem Sturz des Regimes hat der Plünderei indes zu bisher ungeahnter Blüte yerholfen. In der Gegend um Nasiriya, wo einige der ältesten Stätten liegen, hat sich mittlerweile ein regelrechtes Bandenwesen entwickelt Ausgestattet mit Geländewagen und Maschinengewehren, machen die Rauber sich über die Fundstätten her. Die örtliche Kommission für Altertümer hat vor der Übermacht der Raubritter kapituliert. Er sei kein Archäologe mehr, sondern Polizist, sagte kürzlich Kommissionschef Abdul Amir Hamdani. Da er die Stätten nicht schützen könne, setze er darauf, über einen Gewährsmann den Schmugglern auf die Spur zu kommen und sie dingfest zu machen.
Kapituliert haben mehr oder weniger auch die in Nasiriya stationierten italienischen Truppen. Nach ein paar Monaten hat eine Sondereinheit der Carabinieri ihre Luft- und Bodenpatrouillen wieder eingestellt. Wenig Rücksicht auf das Kulturerbe nahmen freilich auch die Koalitionstruppen. Als US-Trupperi im April 2003 in Babylon bei Hilla ihre Militärbasis aufschlugen, ebneten sie kurzerhand einen Teil des antiken Geländes für einen Helikopterlandeplatz und Parkplätze ein. Später schlugen polnische Einheiten hier ihr Lager auf und zerstörten mit dem schweren Militärgerät Teile des 2600 Jahre alten Pflasters. Archäologische Funde aus dem riesigen Areal, das mit den Hängenden Gärten eines der sieben Weltwunder der Antike um-fasst, landeten in den Sandsäcken zum Schutz vor Angriffen der Aufständischen. Das sei, als würde man bei den Pyramiden von Gizeh ein Militärlager aufschlagen, schrieb der britische Altertumskundler John Curtis nach einem Besuch der Stätte.

Gesamter Irak gefährdet
Wegen der immensen Schaden hat der World Monument Fund, eine in New York ansässige Stiftung zum Schutz des Kulturerbes, gleich den gesamten Irak in die Liste der bedrohten Stätten aufgenommen. Dass sich damit der Raubzug im Zweistromland aufhalten lässt, ist unwahrscheinlich. Ein Fundstück, für das der Dieb auf dem hiesigen Markt vielleicht 50 Dollar kassiert, kann auf dem internationalen Kunstmarkt mehrere tausend Dollar einbringen. Ein Grossteil der Objekte ist bisher wie vom Erdboden verschluckt. Auf den traditionellen Schmuggelpfaden gelangen die Objekte in die Nachbarländer Jordanien, Saudiarabien, Syrien, die Türkei und Iran, von wo sie dann über die internationale Kunst-Mafia in den Tresoren privater Sammler landen.
In Kurdistan habe man das Problem aber im Griff, sagt der Museumsleiter Mufti. Damit daran keine Zweifel aufkommen, hat das kurdische Fernsehen dieser Tage den Dieb von Erbil präsentiert. In einer Reality-TV-Sendung musste er dabei vor laufender Kamera seinen eigenen Diebstahl nachspielen. Als Kriminellen aus einem Nachbarland kündigte ihn der Moderator vielsagend an. Aber kaum hatte der Verdächtige den ersten Satz gesagt, wusste jeder - es ist ein Kurde aus Iran. Über die beiden schlafenden Polizisten schwieg sich die Sendung aber vornehm aus.

Quelle: NZZ am Sonntag, 3. Juli 2005, International

2005-07-04, Lorenz E. Baumer

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