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Presseschau: Outing der sudanesischen Pharaonen

Schweizer Archäologen restaurieren das alte Kerma

In Nubien im Nordsudan beweist eine Schweizer Ausgrabung, dass die Gegend kein Anhängsel des alten Ägypten war, sondern auf eigenen Füssen stand. Die nubischen Krieger hatten im Spätreich fast 100 Jahre lang den Pharaonenthron inne.

Wie findet man Professor Charles Bonnet, wenn er im Nordsudan gräbt? Als Adresse hatte der Genfer Archäologe angegeben: «Nubien, Kerma, bei der alten Königsstadt.» Nun holpert unser alter Land Rover durch Unter- und Oberkerma. Endlich finden wir einen kundigen sudanesischen Passanten. Er blickt auf die Uhr, sagt: «Jetzt frühstückt der Professor. Ich zeige euch, wo», und steigt ein. Fünf Minuten später halten wir unter einem blühenden Mangobaum. Der Empfang ist sudanesisch-herzlich, süsser Tee besänftigt die staubgeschädigte Kehle und Sandwichs den knurrenden Magen. «Wir müssen los», sagt der Professor dann schweizerisch-pünktlich und greift zum Sonnenhut.

Blattgold als Indiz
Die Fahrt führt nach Nordosten zu Bonnets neuster Ausgrabung Dukki-Gel. Dukki-Gel und die Vorgängerstadt Alt-Kerma wurden nie überbaut, sondern nur vom Wüstensand zugeweht. «Ein Glücksfall», meint Bonnet. Dieser habe ihm 30 Jahre lang ermöglicht, das Gelände freizulegen und auf einer Karte wie ein Puzzle zusammenzusetzen. Dukki-Gel wirkt klein, doch liegen hier Ruinen einer 5 Meter hohen Stadtmauer und mehrerer Heiligtümer. Das Wichtigste ist ein Aton-Tempel aus der Amarnazeit im 14. Jh. v. Chr., als der ägyptische König Echnaton den Monotheismus zur Staatsreligion machte.

Im Aton-Tempel fand Bonnet im Januar 2001 unter dem Boden Blattgold. Doch erst zwei Jahre später und nachdem er seine sudanesischen Helfer vorbereitet hatte, machte sich Bonnet ans Graben. Seine Vorsicht erwies sich als richtig, denn er machte den Jahrhundertfund. Sieben zerschlagene, aber vollständige Statuen von «schwarzen Pharaonen» der XXV. ägyptischen Dynastie, also aus der Zeit von 745 bis 655 v. Chr., und von nubischen Königen lagen unter dem Boden.

Für Bonnet blieb der von den Medien stark beachtete Fund einer von vielen. Er hat unzählige «Überbleibsel» vom 8. Jahrtausend v. Chr. bis zum frühen Christentum ausgegraben. Dabei erkannte er, dass das Reich Kerma nicht das südliche Pendant des pharaonischen Ägypten, sondern meist ein eigenständiges Königreich war. Die Ägypter fürchteten Nubiens Krieger; gleichzeitig waren sie von seinen Händlern abhängig, welche Weihrauch und Elfenbein nach Norden brachten. Um Nubien unter Kontrolle zu halten, bauten die Ägypter um 2000 v. Chr. an ihrer Südgrenze mehrere riesige Festungen.

Auf das Reich Kerma schien sich das wenig auszuwirken. Seine Hauptstadt gruppierte sich um ein Heiligtum, von dem eine eindrucksvolle Ruine geblieben ist. Die Nubier nennen sie «Deffufa», also «Lehmburg». «Sie ist einer der grössten Lehmbauten der Welt», sagt Bonnet, bevor er auf die Dachterrasse steigt. Von hier aus zeigt sich die Struktur der Stadt: vor der Deffufa ein Komplex von Sakralgebäuden, dahinter der Palastbereich, anschliessend kleine Wohnhäuser und schliesslich die Mauer, welche Alt-Kerma vor den Angriffen der Wüstenbewohner schützte.

Durch Menschenopfer in den Untergang
Die von Bonnet restaurierte Deffufa ist zur Attraktion geworden. Bald ist der Professor belagert von jungen Ehepaaren, welche sich von der alten Kultstätte Segen erhoffen. «Das Interesse der Nubier ist die Belohnung für meine lange Arbeit», meint der Professor. Bei der Erneuerung stellte er fest, dass es in der Struktur nur einen Hohlraum, vermutlich das Allerheiligste, gibt. Der Massivität sei es zu verdanken, dass der Lehmbau nach 3000 Jahren noch stehe.

Südwestlich der Deffufa liegt eine weitere mysteriöse Ruine. «Wir nennen das runde Gebäude, in welchem sich der König mit den Häuptlingen beriet, die grosse Hütte», sagt Bonnet. Sie besass ein konisch zulaufendes Dach. «Das zeigt, dass die Nubier eine eigene Architektur verwirklichten.» An einem Brunnenschacht ganz aus Lehm kann Bonnet der nubischen Bauweise besser nachspüren. «Die alten Nubier benutzten keine Steine. Nicht, weil sie nicht fähig waren, sie zuzuhauen, sondern weil Lehm im hiesigen trockenen Klima der bessere Baustoff ist.»

Wer hier grabe, realisiere, dass das Reich Kerma nicht der arme Verwandte des mächtigen Ägypten war, als den ihn viele Historiker darstellten. Am deutlichsten, meint Bonnet, werde die unabhängige nubische Kultur in den Begräbnisriten. Dort, wo eine kleinere Deffufa östlich von Kerma steht, befindet sich die Nekropole. Zunächst verscharrte man die Toten in Fötushaltung und auf einer Tierhaut liegend in einem Erdloch, später kamen Kiesel als Dekor hinzu. Bald wurden Opferzeremonien vollzogen. Zu den Gaben gehörten Brot und lebende Ziegen. «In den Königsgräbern der Zeit um 1500 v. Chr. entdeckten wir Überreste von Menschenopfern», sagt Bonnet nun mit Schaudern in der Stimme. In riesigen Gräbern liegen Hunderte menschlicher Skelette. «Wir nehmen an, dass mit dem Leichnam des Königs der gesamte Hofstaat lebend begraben wurde.» Der Niedergang des alten Kerma um 1500 v. Chr. könnte eine Folge dieser Ausblutung der Herrscherfamilien sein.

Doch eigentlich gelang den Ägyptern die totale Kolonisierung Nubiens nur zwischen dem 2. und dem 3. Katarakt. Um ihre Macht zu demonstrieren, bauten die ägyptischen Könige Tempel und griffen scharf gegen aufmüpfige Häuptlinge durch. Wer nicht spurte, wurde geköpft; die Körper wurden zur Warnung auf dem Marktplatz aufgehängt. In Ägypten herrschte nun die elegante 18. Dynastie, und ihr Lebensstil verdrängte bald den nubischen. Auch die geschickte Politik der Pharaonen, junge Nubier aus «guten» Familien nach Theben zu holen und dort auszubilden, trug Früchte. Zurück in der Heimat, baute die nubische Elite ihre Häuser im ägyptischen Stil, und die alten einheimischen Sitten schienen bald schrecklich démodés.

Renaissance im 9. Jahrhundert
«Weiter südlich, also beim 4. Katarakt, lebten die kermatypischen Kulturformen fort», gibt sich Bonnet überzeugt. Und im 9. Jahrhundert erstand dort unversehens abermals eine nubische Dynastie. Dies verdankte sich nicht nur der grossen Entfernung von Theben. «Wichtiger war, dass die kämpferischen und kulturell weit entwickelten Nubier dem überlegenen, aber auch unterdrückerischen Nachbarn als Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter dienen mussten.» Als unter den Ramessiden das ägyptische Reich verfiel, gewannen die Nubier ihre Unabhängigkeit und ihr Selbstbewusstsein vollends zurück.

Die Königsstatuen aus dem Aton-Tempel von Dukki-Gel stammen alle aus Nubien. Sie zeigen Taharka, den mächtigsten und Tanwetamani, den letzten der schwarzen Pharaonen. Auch Standbilder ihrer Nachfolger Senkamanisken und Aspelta, welche nur noch in Nubien herrschten, sind darunter. Bonnet brachte die sieben Statuen in einem Magazin unter. Links am Boden liegt der 2 Meter 70 lange Taharka mit seinem sanften Blick. Wie die stehenden Statuen ist er aus Granit gehauen. «Als Besonderheit muss gelten, dass die Statuen schwarz angemalt und vergoldet waren», erklärt Bonnet. Ihre Ähnlichkeit mit den modernen Nubiern ist frappierend. Wie kamen die Standbilder unter den Boden? «Das ist ein Pharaonenkrimi», sagt der Professor und lacht. Der nubische König Pije hatte um 750 v. Chr. von der Schwäche Ägyptens profitiert und eroberte den Pharaonenthron. Sein wichtigster Nachfolger Taharka entwickelte eine ungeheure Bautätigkeit und begab sich nach Libyen und Assyrien, um Ägypten vor den Feinden zu schützen - kurz, er verhielt sich wie ein grosser Pharao. «Das war aus Machtgründen nötig», meint Bonnet; schliesslich sei die ägyptische Kultur Vorbild für die gesamte antike Welt gewesen.

Nach Taharkas Tod jagten die saïtischen Pharaonen aus dem Delta die «schwarzen Barbaren» nach Nubien. Damit nicht genug. «Die neuen Meister brachen zum Rachefeldzug auf», sagt Bonnet. In Dukki-Gel richtete Psammetich II. ein Blutbad an, um den nubischen Königen jede Hoffnung auf eine Rückkehr nach Ägypten zu nehmen. Die Statuen der nubischen Pharaonen liess er zerschlagen, damit ihre Seelen nie wieder auferstehen würden.

Kristina Bergmann

Quelle: NZZ vom 8. Juli 2005, Feuilleton

2005-07-08, Lorenz E. Baumer

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