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Presseschau: Prachtentfaltung der Antike

Schätze aus Herculaneum im Pergamonmuseum Berlin

Die vor bald 2000 Jahren vom Vesuv verschütteten Römerstädte am Golf von Neapel vermögen auch heute noch zu faszinieren. Mehr als das berühmtere Pompeji regt Herculaneum mit seinen erst fragmentarisch ausgegrabenen Ruinen die Phantasie an, wie derzeit eine grosse Ausstellung im Pergamonmuseum in Berlin zeigt.

Beim Ausschachten eines Brunnens stiess 1710 ein Bauer in Resina, dem einstigen Herculaneum, ganz zufällig auf die Überreste eines antiken Theaters. Daraufhin erwarb Prinz d'Elbœuf das Land, trieb die Grabungen nach der legendären Siedlung, die seit dem Jahre 79 n. Chr. unter einer zwanzig Meter dicken, zu Tuffstein erstarrten Schlammschicht lag, auf eigene Kosten voran und schenkte die gefundenen Kostbarkeiten den Mächtigen Europas. Damit wurde die lange nur aus der antiken Literatur bekannte Vesuvstadt zu einem Lieblingsthema des vornehmen Europa. Als man dann auf die vom Feuerberg weit weniger tief verschütteten und daher leichter freizulegenden Villen, Tempel und Theater von Pompeji stiess, liess das Interesse an Herculaneum merklich nach. Das zeigen allein schon die Titel von Sensationserfolgen wie dem von Karl Brüllow gemalten «Letzten Tag von Pompeji» oder den von Edward Bulwer-Lytton beschriebenen «Last Days of Pompeii»; und es war erneut das magische Wort «Pompeji», das jüngst Robert Harris' Vesuv-Thriller zum Bestseller machte.

Antikes Gesamtkunstwerk
Einzig Altphilologen, Kunsthistoriker und Architekten schauten immer wieder gebannt auf Herculaneum. Ihr Interesse galt und gilt vor allem der Villa dei Papiri, die mit ihren 250 Metern Länge eines der grössten Privathäuser der Antike und damit gleichsam das Pendant zu den Grotten des Catull darstellt. Während die Ruinen des von den Fluten des Gardasees umspielten Herrensitzes bei Sirmione schon die Renaissancegelehrten faszinierten, erfuhr die Welt von der Villa auf dem Felssporn bei Herculaneum erst, nachdem sie 1750 ebenfalls bei Brunnenarbeiten entdeckt worden war. Im Auftrag des Königs von Neapel machte sich der Schweizer Ingenieur Karl Weber sogleich an deren Erforschung. Bis 1765, als wegen eindringender Gase und nachlassender Erfolge die Grabungen eingestellt wurden, beförderte Weber im bergmännischen Stollenbau gegen 90 Bronzen und Marmorskulpturen sowie die mit rund 1800 Papyrusrollen grösste erhalten gebliebene Bibliothek der Antike zutage. Webers Hauptverdienst aber war es, dass er - für die damalige Zeit einmalig - über die Jahre hin einen exakten Plan des Hauses erstellte, auf dem er mit Akribie alle Fundorte verzeichnete. Dies erlaubte dann vor drei Jahrzehnten die exakte Rekonstruktion des um 50 v. Chr. errichteten, mit Skulpturenschmuck des augusteischen Klassizismus und Wandmalereien im Vierten Stil geschmückten Gesamtkunstwerks in Form der Getty-Villa in Malibu (die nach umfassenden Renovationen ab dem kommenden Februar dem Publikum wieder als Antikenmuseum zugänglich sein wird).

Anders als das betriebsame Pompeji wurde die im Luxus schwelgende Kleinstadt Herculaneum in Sekundenschnelle von einer glühend heissen Lawine aus Schlamm, Gas und Asche luftdicht versiegelt. Deswegen sind hier die Funde besser konserviert als in anderen antiken Grabungsstätten. Von Anfang an staunten Altertumsforscher, Künstler und Architekten deshalb nicht nur über aussergewöhnliche Kunstwerke, sondern auch über die erstaunlich gut konservierten Möbel, Türen, Gitter, Balkone oder Dachkonstruktionen aus Holz, die stets neue Einblicke in das römische Kunst- und Tischlerhandwerk erlaubten. Als «Offenbarung aus Herculaneum» gefeiert wurde aber ein 1759 vom Comte de Caylus und dann erneut von Piranesi publizierter, perfekt erhaltener Sphingen-Dreifuss aus Bronze, der in Rom bald schon als Kopie angeboten wurde. Dieses prachtvollste Möbel, das aus der Antike auf uns gekommen ist, hielt dann Philipp Friedrich Hetsch, der Stuttgarter Maler und Freund von Schiller, um 1796 auf seiner poetischen Darstellung der «Trauernden Agrippina auf Corcyra» fest, um mit einem archäologischen Objekt - ähnlich wie David oder später Gleyre - ein historisch möglichst authentisches Ambiente zu evozieren.

Reigen der Meisterwerke
Diese bronzene Kostbarkeit kann nun im Berliner Pergamonmuseum als eine Attraktion der grossen Herculaneum-Schau bewundert werden. Ähnlich wie die Pompeji-Ausstellung von Mannheim im letzten Winter, versucht sie ihren Gegenstand lebensnah einzufangen. So finden sich auch hier einige der 300 vor wenigen Jahren erst am Hafen von Herculaneum entdeckten Gerippe von Fliehenden und die verkohlte Wiege aus dem «Haus des Granianus», in welcher noch die Knöchlein eines Kleinkinds lagen. Sonst aber darf diese Schau vor allem mit hochkarätigen Exponaten prunken. Geordnet sind sie nach Fundstätten. Im «Haus der Hirsche» beispielsweise kann man neben den beiden Marmorgruppen der von Hunden angegriffenen Hirsche auch den trunkenen Namensgeber der Stadt in einer alles andere als herkulischen Pose sehen. Herkules ist auch das Thema des berühmten, schon 1754 von Charles Nicolas Cochin als Kupferstich veröffentlichten Wandgemäldes «Herkules und Telephos», das in Berlin zusammen mit weiteren Fresken von der Pracht des Augusteums kündet. An das Theater wiederum erinnern ein zweihundertjähriges Korkmodell sowie die drei Herculanerinnen, die - von Emanuel d'Elbœuf 1713 entdeckt und heimlich aus dem Land geschafft - über Prinz Eugen von Savoyen nach Dresden gelangten. Vor ihnen dachte Winckelmann dann in den 1750er Jahren über die «edle Einfalt und stille Grösse» der griechischen Kunst nach.

Höhepunkt der Ausstellung aber ist, wie kaum anders zu erwarten, die Villa dei Papiri, aus der nicht weniger als zwölf Bronzen nach Berlin reisen durften, darunter die beiden grossartigen «Läufer» (nicht aber die «Tänzerinnen») und die berühmte, bis ins Jahr 2000 im Archäologischen Museum von Neapel unter Verschluss gehaltene Marmorgruppe «Pan und Ziege», an deren erotischer Direktheit sich einst Marquis de Sade berauschte. Hingegen fehlen Neuentdeckungen wie der schöne Amazonenkopf vom Typus Sciarra - vielleicht um vom Umstand abzulenken, dass die Grabungen in der Villa dei Papiri, von denen sich die Altphilologen noch immer die Auffindung der lateinischen Bibliothek erhoffen, wieder eingestellt wurden.

Angesichts dieser Zeugen antiker Prachtentfaltung kann man verstehen, dass die Schätze vom Vesuv bald schon eine europaweite Antikenmanie auslösten. Davon erzählt das Schlussbukett der Schau, das nicht nur mit «pompejanisch» bemaltem Porzellan aus Meissen und Wien oder Dreifüssen aus Deutschland und Frankreich aufwartet, sondern darüber hinaus mit einer Dokumentation zu Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorffs Wörlitzer Schloss, dem «Gründungsbau des deutschen Klassizismus». Sinnvoll ergänzt wird dies alles durch den schönen und reich bebilderten Katalog, der ein weites Panorama von den Briefen Plinius' des Jüngeren bis hin zu den heutigen Grabungsmethoden skizziert und viele historische, philologische, archäologische, konservatorische, kunstgeschichtliche, soziokulturelle und vulkanologische Aspekte klärt.

Roman Hollenstein

Bis 1. Januar 2006 im Pergamonmuseum in Berlin; anschliessend im Focke-Museum in Bremen. Katalog: Verschüttet vom Vesuv. Die letzten Stunden von Herculaneum. Hrsg. Josef Mühlenbrock und Dieter Richter. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2005. 355 S., Fr. 71.- (Euro 24.90 in der Ausstellung).

Quelle: 9. November 2005, NZZ

2005-11-09, Lorenz E. Baumer

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