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Presseschau - Ressort Realhumor: Wehrdienstpflicht und Archäologie in der Schweiz
Kommentar zum Artikel im Berner Bund vom 15.12.05 "Tiefere Hürde für den Zivildienst" (Wer in den Zivildienst statt ins Militär will, soll sich nicht mehr einer Gewissensprüfung unterziehen müssen. Dem Nationalrat genügt es, wenn die Kandidaten länger Dienst leisten als in der Armee.)
Wer den Militärdienst verweigerte, galt als schlechter Schweizer. Die Gewissensprüfung für den Zivildienst diente als Filter: Man wollte politische Armeegegner und Drückeberger vom Verweigerer aus reiner Gewissensnot trennen und in Uniform oder ins Gefängnis stecken. Jetzt hat der Nationalrat dank Bewegung in den bürgerlichen Reihen dieses Überbleibsel aus dem Kalten Krieg beseitigt. Ganz unideologisch, ganz nüchtern: Bringt nichts, kostet viel, lautet die Begründung. Auch im Ständerat dürfte die Gewissenshürde fallen.
Wer heute nicht mehr in die Armee will, geht nicht mehr hin. Über 37 Prozent der Stellungspflichtigen haben sich im letzten Jahr «medizinisch» vom Militär abgemeldet. Die Wehrpflicht verliert den Boden – losgelöst vom Streit um die Gewissenspflicht. Wehrgerechtigkeit ist so zunehmend nur noch hohles Wortgeklingel. Wer Zivildienst auf sich nimmt, um im Altersheim in Bern, im Hilfsprojekt in Bolivien oder als Archäologe bei Avenches etwas für die Gemeinschaft zu tun, ist heute schon fast ein Idealist. [Hervorhebung Archaeolinks]
Ehrlicherweise müsste jetzt bald die allgemeine Dienstpflicht folgen: also die freie Wahl zwischen Militär und Zivildienst bei gleich langer Dauer. Oder käme unsere Armee gar ohne allgemeine Wehrpflicht aus, also nur noch mit Freiwilligen und Profis?
Noch mag die Mehrheit der Politiker über solches nicht reden. Doch die Zahl der faktischen Militärdienstverweigerer wird weiter zunehmen. Für viele junge Männer ist der Sinn der Armee nicht mehr auf Anhieb erkennbar, der Respekt vor nationalen Institutionen sinkt generell. Aber die Politiker werden wohl erst reagieren, wenn sie nicht mehr anders können. (Patrick Feuz)
Quelle: http://www.espace.ch/artikel_160468.html
2005-12-19, Lorenz E. Baumer
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